Gespannt und still sitzen Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klassen in der Mensa der Emmy-Noether-Schule an der Friedrich-Bülten-Straße. Am vergangenen Montag fand dort eine besondere Autorenlesung statt: Zu Gast war Dominik Bloh – Autor, Aktivist und ehemaliger Obdachloser.
Viele fragen sich vielleicht: Wer ist Dominik Bloh? Die Neuntklässler kennen ihn bereits – sie haben im Deutschunterricht sein Buch „Unter Palmen aus Stahl gelesen“. Es erzählt seine eigene Geschichte, wie der auf Hamburgs Straßen landet und dort jahrelang ums Überleben kämpft. Doch Bloh liest nicht nur aus seinem Buch – er erzählt auch persönlich, offen und nahbar von seinem Leben.
Mehr als zehn Jahre war Dominik Bloh immer wieder obdachlos. Nach schwierigen Familienverhältnissen und dem Tod seiner Großmutter folgte der Absturz: Als Teenager wurde er mit zwei Koffern auf die Straße gesetzt. Er schlief unter Brücken und auf Parkbänken, fror, hungerte – und versuchte trotzdem, etwas Normalität zu bewahren: mit Musik, Basketball und dem Schulbesuch. „Ich wollte wenigstens noch etwas sein – ein Schüler“, erzählt er. Trotz aller Widrigkeiten machte er schließlich sogar sein Abitur.
Heute lebt Bloh in einer Wohnung in Hamburg, ist Vater eines Sohnes und engagiert sich für obdachlose Menschen. Mit dem Projekt GoBanyo brachte er einen Duschbus auf Hamburgs Straßen – eine mobile Möglichkeit für Menschen ohne Wohnung, sich zu waschen und sich ein Stück Würde zurückzuholen. Für sein Engagement wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. „Wohnen, Waschen und Wasser – das müssen Menschenrechte werden“, betont er eindringlich.
Bloh beeindruckte die Jugendlichen mit seiner ruhigen, authentischen Art. Ohne Pathos und erhobenen Zeigefinger gab er ehrliche Einblicke, beantwortete viele Fragen und sprach den Schülerinnen und Schülern Mut zu: „Ich habe oft den Mut verloren – aber nie ganz. Meine Großeltern haben immer an mich geglaubt, auch über ihren Tod hinaus. Ihnen ist mein Buch gewidmet.“
Er schilderte eindrücklich, wie das Schreiben ihm half, sein Schicksal zu verarbeiten: Auf kleinen Zetteln begann er, seine Geschichte festzuhalten. Schreiben wurde zu einer Art Selbsttherapie – und schließlich zu seinem Beruf. „Es hat mein Leben gerettet.“
Neben persönlichen Erlebnissen teilte er auch ganz praktische Erfahrungen – wie eine Zeitung auf der Straße zum vielseitigen Begleiter wird: als Schlafunterlage, Lesestoff, Sichtschutz, Schutz gegen Nässe oder Eintrittskarte ins 24-Stunden-Restaurant. Und er warnte eindringlich vor Schulden: „Sie holen dich immer wieder ein. Macht keine.“
Die Lesung berührte, regte zum Nachdenken an – und machte Mut. Einige Jugendliche nutzten die Gelegenheit, ihre Bücher signieren zu lassen und ein Foto mit dem Autor zu machen. Der Besuch von Dominik Bloh wird ihnen sicher noch lange in Erinnerung bleiben.
Mittlerweile hat der Autor sein zweites Buch veröffentlicht: „Die Straße im Kopf“. Ein Roman ist bereits in Arbeit. Man darf gespannt sein, was noch kommt.
